Gastartikel von Trixi Tumert 

‚Mist, schon wieder 14 Uhr‘, denke ich mir als ich den Hörer aufgelegt und die Telefonkonferenz beendet habe. ‚Jetzt wartet mein Kind wieder.‘ Zack schnell rein in die Jacke, Autoschlüssel geschnappt und los geht es. ‚Kann der Mann vor mir nicht mal schneller fahren?‘ ‚Schon wieder ist die Ampel rot‘. ‚Ah, da ist ja meine Lütte‘ ‚Jetzt aber schnell ins Auto‘ – diese und viele andere Gedanken kommen mir auf der Fahrt zur Schule.

In meiner Welt war alles durchgetaktet. Alles war geplant. Sicher, einige Sachen müssen geplant sein, damit sie klappen. Aber da gab es ja kaum noch Zeit zum Durchschnaupen.

 Ich war ständig in Hetze und stand unter Druck. Mein Kopf war voll mit To-Do’s und Dingen, die ich unbedingt abarbeiten musste. Eins der Dinge: Mit meinem Kind lernen. Dafür sorgen, dass es in der Schule mitkommt. Wie toll wäre es, wenn es allein lernen würde. Aber das geht ja nicht. So war meine Überzeugung.

 

Bis ich lernte, meinem Kind zu vertrauen. Bis ich lernte, meinem Kind Verantwortung für sich zurückzugeben. Bis ich lernte, mein Kind loszulassen, ohne das Gefühl zu haben, ich lasse es fallen. Wie ich das gemacht habe:

Ich habe meinem Kind Wahlmöglichkeiten gegeben

Früher habe ich meinem Kind gesagt, wann es lernen soll. Weil ich ja wusste, was für den Tag ansteht und wann Lernen am besten reinpasst. Und manchmal wollte oder konnte mein Kind dann gar nicht dann lernen, weil

  • Es noch kaputt von der Schule war und sich erst mal ausruhen wollte
  • Es hungrig war und noch etwas essen wollte
  • Es zu hippelig von dem letzten Streit mit dem Freund war und sich erst einmal auspowern musste

Streit und schlechte Ergebnisse waren vorprogrammiert. Denn hast Du Dich schon mal auf etwas konzentrieren können, wenn Deine Grundbedürfnisse nicht erfüllt waren und Du total angespannt warst?

 

Das Lernen zieht sich in die Länge, Du bist genervt, Dein Kind ist genervt und am Ende bleibt das Gefühl übrig von ‚Lernen ist blöd‘. Das ist das, was sich im Gehirn abspeichert und beim nächsten Mal, wenn es wieder ans Lernen geht, kommt das Gefühl vom letzten Mal hoch ‚lernen ist blöd‘.

 

Daher habe ich meinem Kind z.B. die Wahlmöglichkeit gegeben: ‚Möchtest Du vor dem Essen schon Hausaufgaben machen oder erst nach dem Mittagessen, bevor Du zum Sport gehst?‘ oder ‚Möchtest Du lieber am Esstisch lernen oder in Deinem Zimmer?‘

 

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich habe meinem Kind WahlMÖGLICHKEITEN gegeben. Keine WahlFREIHEIT. Ich habe ihm zwei Alternativen aufgezeigt und mit beiden war ich einverstanden. Insofern war es egal, für welche Möglichkeit mein Kind sich entschieden hat, ich war damit einverstanden. So habe ich meinem Kind Leitplanken vorgegeben, in denen es sich bewegen und seine eigenen Entscheidungen treffen konnte. Denn Kontrolle zu haben ist eins von vier psychologischen Grundbedürfnissen und führt entscheidend dazu, dass ein Mensch glücklich ist. Oder möchtest Du, dass jemand über Dich entscheidet – auch wenn er nur Dein Bestes möchte?

 

Wie viel Wahl Du Deinem Kind lässt, ist selbstverständlich abhängig vom Alter und Entwicklungsstand Deines Kindes. Und manchmal kann Dein Kind mehr als Du ihm zutraust.

 

Ja und natürlich kann es passieren, dass sich Dein Kind nicht an die Abmachung hält. Dann habe ich mit ihm gesprochen und ihm erklärt, dass er sich auf mein Wort verlässt, z.B. wenn ich sage, dass wir ein Eis essen gehen. Und genauso möchte ich mich auch auf sein Wort verlassen können.

 

 

Ich habe erkannt, dass die Schule Aufgabe meines Kindes ist

Natürlich helfe ich meinem Kind, wenn es mich fragt. Und natürlich biete ich auch von mir aus meine Hilfe an. Wenn mein Kind aber nicht meine Tipps hören möchte, dann stülpe ich sie ihm auch nicht über wie eine ungeliebte Badekappe. Darum hat es auch nicht geklappt, wenn ich mir Lerntipps angelesen habe, die ich meinem Kind zeigen wollte. Mein Kind wollte überhaupt nicht zuhören, welche Tricks ich ihm zeigen wollte

 

Oder ein anderes Beispiel sind Hausaufgaben: Wenn ich frage, ob mein Kind alle Hausaufgaben gemacht hat und es mir das bestätigt, dann vertraue ich ihm und sag nicht: ‚Zeig mal‘.

 

 

Ich habe meine Einstellung zu Fehlern überdacht

Kennst Du ein Wort, dass die gleichen Buchstaben hat wie ‚Fehler‘ nur in einer anderen Reichenfolge? Kleiner Tipp, das neue Wort beginnt mit einem ‚H‘. Helfer. Fehler sind Helfer. Fehler sind Lernchancen. Und wenn das in der Schule manchmal anders gesehen wird, ist es umso wichtiger, dass Du Fehler positiv gegenüber stehst. Wenn Dein Kind vor Fehlern Angst hat, dann traut es sich weniger an neue Themen ran – es könnte ja etwas falsch machen. Es gibt Schulen, die feiern Fehler, weil sie ein Zeichen dafür sind, dass das Kind mutig war, etwas Neues auszuprobieren – genauso als Dein Kind klein war und laufen lernte. Da hat es beim ersten Hinfallen auch nicht gesagt ‚Also Mama, ich glaube laufen und ich, das wird nie klappen, ich lass das lieber.‘ Es hat weiter geübt. Und was haben wir gemacht? Wir haben jeden Neuversuch gefeiert und unser Kind angefeuert. Machen wir das auch, wenn es die Matheaufgabe noch mal neu rechnet und dann einen Fehler macht? Da sagen wir eher ‚Den gleichen Fehler hast Du doch schon mal gemacht‘ und hoffen, dass es beim nächsten Mal klappt.

 

So hat sich mein Kind geändert, weil ich mich geändert habe. So habe ich es geschafft, dass ich nicht mehr gehetzt bin. Natürlich gibt es immer mal Tage, an denen mehr los ist als an anderen. Aber ich habe nun Tools an der Hand, mit denen ich die Situation steuern kann. Denn glaub mal nicht, dass meine Kinder mein LernCoaching Wissen und die Lerntipps annehmen möchten. Da hilft nur, dass ich meine eigenen Tools fürs ElternCoaching bei mir anwende. Und so schaffe ich es, dass ich mich viel weniger mit meinem Kind streite.

 

Und am Ende habe ich so viel Zeit für mich, dass ich nicht mehr weiß, was ich mit der Zeit machen soll – na ja, fast jedenfalls.

 

Wenn Du mehr über ElternCoaching erfahren möchtest, dann hüpf rein auf die Warteliste für den nächsten Elternworkshop ‚Weniger ist mehr – so motivierst Du Dein Kind zum GerneLerner‘ und werde als erster informiert, wenn der Kurs in Kürze wieder startet. Oder wenn Du nicht warten möchtest, dann schau auch gern beim GerneLerner Buch vorbei.

 

 Tschüß und bis zum nächsten Mal

 Trixi

 

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